Kurzkritik: “Tony und Susan” (von Austin Wright – Luchterhand Verlagsgesellschaft)

Bei “Tony und Susan” handelt es sich um eine Roman-im-Roman-Variation. Sie wurde im Jahre 1993 von dem mittlerweile verstorbenen US-Autor Austin Wright geschrieben.

Wright schreibt klar und lebendig und er weiß es den Leser bei der Stange zu halten. Zu Beginn seines Buches schildert er die Geschichte einer Frau von knapp 50 Jahren die sich bereits damit abgefunden hat, von ihrem Mann (einem erfolgreichen Arzt) betrogen und nöhlenden Kackbratzen (also ihren Kindern) gegängelt zu werden.

Eines Tages bekommt diese Frau (Susan) ein Skript von ihrem Ex-Mann (einen exzentrischen Schreiberling) geschickt, mit der Bitte es zu lesen und zu kritisieren. Damit startet der interessante Teil des Buches, den nun beginnt die Geschichte des Uni-Professors Tony. Der ist gerade mit Frau und (erwachsener) Tochter auf dem Weg in den gemeinsamen Urlaub. Auf dem Highway wird die Familie von 3 Kriminellen (typischen Rednecks) von der Straße gedrängt und nun … beginnt das Leiden. Zum einen für Tony, zum anderen für seine Familie und zum Dritten … für den Leser.

Um es kurz zu machen: Frau und Tochter des Professors, werden entführt, vergewaltigt und ermordet, was zu einem nicht unerheblichen Teil daran liegt, dass Tony über keinerlei Kampfgeist verfügt und sich daher nicht imstande sieht, seine Familie zu verteidigen.

Frau und Kind sind also tot und der Herr Professor ist deprimiert. Er fährt in sein verwaisten Herrenhaus zurück und hat in der nächsten Zeit vor allem damit zu tun, sich selbst zu bemitleiden. Nun gibt es da aber einen Polizisten, der vom Wunsch nach Gerechtigkeit beseelt, Jagd auf die Mörder macht und schließlich einen ersten Erfolg vorweisen kann. Er findet Verdächtige und bittet den Herrn Professor zu einer Gegenüberstellung. Gut, Tony macht sich auf den Weg, obwohl es spät ist, und er gerne ausgeschlafen hätte. Bei der Gegenüberstellung ist Tony sich fast sicher einem der Entführer gegenüberzustehen. Aber eben nur „fast“, weshalb er, ganz Bannerträger des Rechtsstaates, angibt, den Betroffenen nicht zu erkennen, woraufhin dieser frei gelassen werden muss.

Die politisch korrekte Schlappheit des Herrn Professors macht den Bullen wütend. Letztgenannter soll dem Leser als verachtenswerte Fleischwerdung des Selbstjustizgedankens vorgeführt werden was nur bedingt funktioniert. Alles in allem kommt er nämlich immer noch um Längen sympathischer rüber, als die Figur des Profs.

Der wird, ob seiner Feigheit, nun allerdings doch so langsam von Gewissensbissen geplagt, wobei ihn ganz nebenbei, auch die Frage umtreibt, mit welcher der ihn umschwänzelnden, akademischen, witwertröstenden Schlampen er denn als nächstes in die Kiste steigen soll.

Aber egal. Es kommt zum “Showdown”. Der wackere, todkranke Polizist bemüht sich unermüdlich um die Klärung des Falles und kann auch tatsächlich alle 3 Täter ausfindig machen. Einer der Mörder, den, den Tony bei der Gegenüberstellung nicht identifizieren konnte, wird bei einem Einbruchsversuch erschossen, der Andere wird verhaftet, leugnet aber alles, weshalb der Haupttäter, vorerst auf freiem Fuß bleibt.

Tony wird also nochmals in die Gegend, in der das Verbrechen stattfand, beordert und diesmal scheint Tony entschlossen seine Sache besser zu machen. Er erkennt den bereits verhafteten Kriminellen, was die Polizei schließlich zu Täter Nr. 3 führt. Soweit so gut, der Gerechtigkeit scheint Genüge getan, weshalb Tony zufrieden nach Hause reist. Die Sache ist für ihn erledigt.

Fatalerweise aber glaubt das Gericht Tonys Zeugenaussage nicht und da der Fall sonst nicht viel Greifbares hergibt, werden die beiden Verbrecher schließlich frei gelassen. Dies erzürnt den eifrigen Polizisten, der beschließt die Mörder von Tonys Familie auf eigene Faust zur Rechenschaft zu ziehen. Nach einigem Hin und Her erklärt sich Tony zum mitmachen bereit, wenn auch weniger aus echter Überzeugung, als vielmehr, weil er sich dem Fanatismus des Polizisten nicht zu widersetzen traut.

So geht es weiter. Bulle handelt, Tony zaudert. Bulle foltert, Tony bedenkt. Bulle schießt, Tony erschrickt. Bulle befiehlt, Tony gehorcht. Wie gesagt: Wright versteht es zu schreiben, und einen, obwohl man diesem Tony eigentlich dauernd in die Fresse hauen möchte, an sein Buch zu fesseln.

Immerhin: Das Ende der „Geschichte in der Geschichte“ ist versöhnlich. Zumindest war es das für mich. Die beiden Mörder segnen das Zeitliche und Tony schießt sich, aus (wie passend) Schusseligkeit, in den Bauch und stirbt ebenfalls. Unglaublich aber wahr. Ich, als seine Frau, würde im Himmel dafür sorgen, dass der Typ nicht mit mir auf einer Wolke sitzt.

Das Buch endet damit, dass Susan das Skript beiseite legt, und darüber sinniert, welch Parallelen (warum auch immer) das Leben von Tony mit ihrem eigenen hat.

Zurück bleibt ein ratloser bis angepisster, letzten Endes aber doch irgendwie unterhaltener Leser.

“Susan und Tony” für „Mahnender-Zeigefinger-Träger“ und Literaturmasochisten.

 

 

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